Kleine FlĂ€che â groĂe Chance
Als in den spĂ€ten 60er Jahren die ersten LadenflĂ€chen fĂŒr Second Hand Kleidung in Deutschland ihre Eröffnung bekannt gaben, fĂŒhlten sich zunĂ€chst Individualisten angesprochen. Von denen gab es in diesen Jahren viele.
In den Wiederaufbaujahren nach dem Zweiten Weltkrieg brachen sich Selbstbestimmung und Persönlichkeitsrechte in den GemĂŒtern bahn. Was auf den StraĂen und in der Politik lautstark gefordert wurde, spiegelte sich auch in diesen eher unscheinbaren StĂ€tten wider. Dem Wunsch nach Nonkonformismus wurde ein willkommener Ausdruck erlaubt: die LĂ€den fĂŒr Second Hand Kleidung.
Die liebevoll und leicht chaotisch eingerichteten GeschÀfte der Anfangsjahre brachen mit herkömmlichen Konventionen. Sie machten nicht nur den Weg in Richtung eines originelleren Kleidungsstils frei, sondern wandelten auch weit grundlegend die Beziehung des Konsumenten zu Besitz und Eigentum.
Sicher, Trödler mag es zu allen Zeiten gegeben haben, jedoch machte der neue Trend den An- und Verkauf gesellschaftsfĂ€hig. Mögen die ersten LĂ€den fĂŒr Second Hand Kleidung dunkel, voll gekramt und mitunter leicht angeschmuddelt gewesen sein: Sie trafen den Zeitgeist direkt ins Herz.
Second Hand Kleidung im Wandel der Zeit
Plötzlich ergaben sich bisher unbekannte Möglichkeiten: Was man nicht mehr tragen mochte, gab man einfach wieder weg und erhielt zumindest einen Teil des Wertes wieder zurĂŒck. Hiervon konnte man sich dann ein neues Teil aussuchen, welches einem gerade besser âin den Kramâ passte. Vorbei waren die Zeiten, in denen KleidungsstĂŒcke geflickt und umgenĂ€ht wurden, bis sie gĂ€nzlich untragbar waren. Kinder durften sich drauĂen schmutzig machen, bereits verwaschen wurde die Hose gekauft und verwaschen konnte sie ebenfalls zurĂŒckgebracht werden.
Vorbei auch die Zeit, in der das Gewicht des Geldbeutels einer Person auf den ersten Blick angesehen werden konnte. Man halte sich die Situation einmal vor Augen: Da ging man in einen Laden fĂŒr Second Hand Kleidung und konnte sich mit ein bisschen Geduld und Zeit fĂŒr wenig Geld ein KleidungsstĂŒck herausfischen, welches nach dem damaligen Standesdenken die Ă€uĂerliche Erscheinung aus einem machte, zu der man sich vielleicht erst in einigen Jahren emporgearbeitet hĂ€tte.
FĂŒr heutige Konsumenten sind diese Bilder in den Köpfen schwer vorstellbar. Aber genau diese Befremdlichkeit zeigt, welch ein gesellschaftlicher Wandel durch die kleinen GeschĂ€fte ausgelöst wurde.

Gute Idee mit groĂem Nutzen
Statussymbole spielen heutzutage nicht mehr die groĂe Rolle, nach der Arbeitgeber und andere einflussreiche Zeitgenossen ernsthafte Entscheidungen treffen werden. âKleider machen Leuteâ ist keine vertrauenswĂŒrdige These mehr. Das VerhĂ€ltnis von Haben und Sein war selten verwischter. Von Second Hand Kleidung Gebrauch zu machen, hat sich hingegen weitreichend etabliert.
Seit Beginn ihres Daseins haben LĂ€den fĂŒr Second Hand Kleidung viele Zweige entwickelt. So gibt es zum Beispiel
- klassische Second Hand MĂ€rkte
- Second Hand MĂ€rkte speziell fĂŒr Nischen (Designer, Kinder & Co.)
- FlohmÀrkte
Insbesondere auf FlohmĂ€rkten finden sich sowohl professionelle HĂ€ndler, die teilweise auch Neues anbieten â oft in kultureller oder stilistischer AusprĂ€gung (orientalisch oder mittelalterlich) â als auch Hobby-VerkĂ€ufer, die ihre Kasse aufbessern und gleichzeitig den Keller befreien wollen. Ein kleinerer Zweig findet sich auch in Second Hand GeschĂ€ften fĂŒr teure Markenkleidung, die eine Nische darstellen, da sie ihr Sortiment nur gĂŒnstiger jedoch nicht wirklich gĂŒnstig anbieten.
VielfĂ€ltige Angebotswege â unterschiedliche Zielgruppen
Es gibt zum einen, neben den bereits beschriebenen Individualisten, auch diejenigen, die man durchaus als âFreaksâ bezeichnen könnte. TatsĂ€chlich ist das Stöbern durch LĂ€den fĂŒr Second Hand Kleidung einigen geradezu von der Suche zur Sucht geworden. KleidungsstĂŒcke sollen ausgefallen sein, dabei sind Gebrauchsspuren eher willkommen.
Auch AnhĂ€nger verschiedener spezieller Kleidungsstile werden fĂŒndig. âEchtesâ aus Uromas Nachlass, Hippie-Klamotten, Karottenhosen und mit Gummiaufschrift oder bedruckte grellbunte Sweatshirts aus den 80ern und 90ern. Wer sucht, der findet, wobei Zeit und Leidenschaft dafĂŒr genĂŒgen. Auch der Reiz, dass ertrĂ€umte StĂŒck möge vielleicht gerade heute oder morgen eintreffen, treibt so manchen regelmĂ€Ăig ins Jagdgebiet.
Sollte das neue LieblingsstĂŒck ein buntes Paar Schuhe sein, zeigen wir dir hier wie du sie perfekt kombinierst.

Dann sind da diejenigen, die sich von dem alten Standesbewusstsein noch nicht ganz verabschiedet haben. Sie glauben, durch einstmalig teure KleidungsstĂŒcke bestimmter Marken eventuell âdazugehörenâ zu können. Manch einer hat sich darauf spezialisiert, leichtere Gebrauchsspuren auszubessern und das KleidungsstĂŒck âwie neuâ aussehen zu lassen. Einzig vorhandener Makel mag dann lediglich sein, dass es sich um die Kollektion des Vorjahres handelt, was wohl abgewogen in Kauf genommen wird.
Second Hand Kleidung: Toller Auftritt fĂŒr wenig Geld
Second Hand Kleidung zu wĂ€hlen bietet sich besonders dann an, wenn man KleidungsstĂŒcke fĂŒr besondere AnlĂ€sse sucht. Auch hier jedoch gilt es abzuwĂ€gen: Möchte man im Hochzeitskleid einer vielleicht frisch Geschiedenen heiraten, deren einstiges SchmuckstĂŒck emotional negativ aufgeladen im Wiederverkauf gelandet ist? Dieser Fall mag die Ausnahme sein, denn es ist ein weit verbreiteter Brauch, Kleidung fĂŒr besondere AnlĂ€sse, wie eben das Hochzeitskleid oder auch ein aufwendiges Abendkleid, im An- und Verkauf zu suchen.
Hochzeits-/Tauf-/Abendkleidung findet man ein Vielfaches gĂŒnstiger im Second Hand Laden und kann es dann â mit nötiger Umsicht getragen und unversehrt erhalten â fĂŒr einen Teil des Kaufpreises zurĂŒckgeben. Der âWow-Effektâ des Auftritts kann auf diese Weise gĂŒnstig gestaltet werden und so bleibt man liquider fĂŒr den Rest der Festlichkeiten.

Aus der Nische zur NormalitÀt
Eine Sparte hat die Second Hand Branche fest im Griff: Kinderbekleidung. Ein Neuankömmling bringt gröĂere Ausgaben mit sich. Mitunter kann ein Elternteil nicht mehr arbeiten, sodass ein Doppelengpass entsteht. Da können KleidungsstĂŒcke, die manchmal je nach Wachstumsphase nur einige Wochen getragen werden, nicht gĂŒnstig genug sein. Wenn sie wie vielerorts angeboten im Bundle zu haben sind, ist dies oft die beste Variante, Kinder alltagstauglich einzukleiden.
NatĂŒrlich werden so manche jungen Eltern, besonders beim ersten Kind, sich die Kleidung lieber nagelneu vorstellen. Wie jedoch in so vielen Bereichen werden sie auch hier meist von der RealitĂ€t des Elterndaseins eines Besseren belehrt werden und PraktikabilitĂ€t dem Zauber des Neuen unterordnen. Ein GlanzstĂŒck kann zur Erinnerung ja aufbewahrt werden.

Die Kindergartenkleidung zum Wechseln, die Herbstjacke, die das Kind nur einige Male trĂ€gt, die âMatschehoseâ die dann doch nie gebraucht wurde, landet, nachdem sie zu klein geworden ist, gerne wieder im Second Hand GeschĂ€ft, wo sie schon bald wieder fĂŒr das nĂ€chste Kind gekauft wird.
Vom Second Hand GeschÀft leben?
Mit der Etablierung des Internets im tĂ€glichen Gebrauch und besonders mit der Generation Smartphone mit den zahlreichen Apps hat sich der Second Hand Handel endgĂŒltig aus der angestaubten Ecke befreit. Ebay & Co sind heute weit verbreitet in allen der Zielgruppen frĂŒherer Tage. Denn ein groĂer Nachteil des realen Second Hand Handels war, dass man die KleidungsstĂŒcke meist nur in Kommission geben konnte, das heiĂt der HĂ€ndler zahlte nur, wenn die StĂŒcke wieder verkauft waren. Hiervon behielt er dann noch eine Provision.
Aber wird der Online Second Hand Handel den klassisch-realen gĂ€nzlich vertreiben können? Das bleibt zu bezweifeln, denn beide Zweige haben Vor- und Nachteile und das Klientel ist so mannigfaltig, dass sich AnhĂ€nger beider Seiten finden lassen. FĂŒr den HĂ€ndler bietet sich eine Kombination an. Er kann sein gesamtes Sortiment auch auf digitalen Handelsplattformen anbieten, was zweifelsohne eine sehr willkommene Entwicklung und teilweise die einzige Ăberlebenschance dieser Branche sein könnte.
Nachteilig ist beim Second Hand Online Handel die fehlende Möglichkeit der RĂŒckgabe. Diese sind jedoch besonders wichtig, da es immer wieder Ăberraschungen bezĂŒglich der GröĂe und der realen QualitĂ€t gibt, ein Umstand, den VersandhĂ€user durch kostenfreie RĂŒcksendeoptionen abdecken.
Fazit
Insgesamt kann abschlieĂend festgestellt werden, dass gebrauchte Kleidung aus der Handelslandschaft nicht mehr wegzudenken ist. Die meisten von uns werden regelmĂ€Ăig oder zumindest vereinzelt von einer der vielen Möglichkeiten Gebrauch gemacht haben. Provokant motiviert, zum Ausleben eines besonderen Stils oder einfach um Geld zu sparen.
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